Schallpegelreduktion

Art und Aufstellung der Beschallungsanlage
Pegelplanung
Bühnensound
Gilt die V-NISSG auch auf der Bühne?
Publikumsschutz ist nicht verhandelbar
Tipps für deinen Mix
Verzerrt klingt lauter
Die Dynamik macht die Musik
Publikumslärm
Nachbarschaftslärm


Art und Aufstellung der Beschallungsanlage

Das Ziel beim Einrichten einer Beschallungsanlage muss stets eine möglichst homogene Schallverteilung über die gesamte Publikumsfläche sein. Das Beispiel in Abbildung 2 zeigt eine solche Situation auf bei der eine gleichmässige Beschallung des Publikums erreicht wird. Stacking von Lautsprechern, also vorne links und rechts je einen Turm mit gestapelten schwarzen Kisten, hat eigentlich schon länger ausgedient, da die Branche bessere Lösungen kennt: über Publikum geflogene (=aufgehängte) konventionelle oder als Line-Array ausgelegte Systeme liefern generell eine bessere Schallverteilung, alleine schon wegen der Tatsache, dass das Verhältnis vom kleinsten zum grössten Abstand zwischen Zuschauer und Lautsprecher kleiner wird. Mit Abschrankungen vor der Bühne kann dieses Verhältnis zusätzlich verkleinert werden.

Spätestens seit Einführung von gesetzlichen Lautstärkeregelungen wie der V-NISSG machen gestackte Systeme für die meisten Anwendungen überhaupt keinen Sinn mehr. Die Ausnahme bilden Subwoofer, die meistens am Boden aufgestellt werden. Mit horizontal gestellten Subwoofer-Arrays und/oder Cardioid-Stacks und entsprechender Phasendrehung und Laufzeitverschiebung der einzelnen Signale kann eine gezielte Bündelung des tieffrequenten Schalls erreicht werden. Auch Delay-Lines tragen ebenfalls in grossem Masse zu einer homogeneren Schallverteilung über die Publikumsfläche bei.

Skript zu Subwoofer-Arays

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Pegelplanung

Beginnt ein Konzert mit einem Schallpegel nahe am Grenzwert der
V-NISSG, so kann der Effekt der vorübergehenden Hörschwellen- verschiebung (das Publikum empfindet die Musik im Laufe des Konzerts als zunehmend leiser) nicht mehr ausgeglichen werden. Beginnt das Konzert hingegen mit einem tieferen Schallpegel, so kann dieser schrittweise erhöht werden um diesem Effekt entgegenzuwirken. Vor allem bei längeren Veranstaltungen bietet sich eine Vorausplanung der Pegel an:

  • Die Einlass- und Pausenmusik sollte in einer Lautstärke gehalten werden, die noch gut eine Unterhaltung zulässt. Somit wird bei den Umbaupausen auch automatisch der Wert des LAeq1h etwas vermindert. Die Messung/Aufzeichnung des Schallpegels beginnt schon mit dem Einlass des Publikums.
  • Treten mehrere Acts nacheinander auf, so beginnt der erste Act (oftmals Vorband) auf einem tieferen Pegelniveau. Der Pegel kann dann bis zum Main-Act kontinuierlich gesteigert werden.

Hinweis
Schallpegelreduktionen um 0.3 bis 0.5 dB pro Minute werden vom Publikum nicht wahrgenommen, führen jedoch über einen Zeitraum von 15 Minuten zu Reserven für einen nächsten erwünscht hörbaren Pegelanstieg.
Hinweise für Veranstalter zur Schallpegeloptimierung (PDF)

Je nach Art der Musik und Gestaltung des Sets lässt sich ein Konzert mit über 100 dB(A) durchführen und der Stundenpegel kann trotzdem eingehalten werden. Dies wird durch das Excel-Berechnungstool
"LAeq5min" veranschaulicht.

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Bühnensound

Allgemein soll immer auf einen möglichst tiefen Schallpegel auf der Bühne geachtet werden. Vor allem in kleineren Lokalen ist dies matchentscheidend, denn wenn Schlagzeug, Gitarre und Monitoring schon mit 99dB(A) von der Bühne dröhnen, wird es sehr schwierig, noch eine Gesangsstimme darüberzulegen und alles schliesslich ausgewogenen abzumischen. Durch Beachtung der folgenden Punkte kann die Bühne möglichst "leise" gehalten werden:

Aufstellung Backline
Vor allem bei kleinen Bühnen ist darauf zu achten, dass die Instrumentenverstärker nicht direkt ins Publikum abstrahlen, sondern vor allem auf das Gehör der Musiker gerichtet sind. Dies wird durch eine eher seitliche und auf die Musiker gerichtete Aufstellung der Verstärker erreicht. Kleine Gitarren-Combos sollten erhöht positioniert werden, da bekanntlich auch Gitarristen auf Kniehöhe nicht sehr gut hören (beliebt: auf ein leeres Case stellen). Diese Installation erlaubt es den Musikern in der Regel, ihre Verstärker etwas leiser zu stellen. Weil der Musiker sein Instrument auf dem Monitor weniger bis gar nicht benötigt, wird auch der Pegel des Monitorings insgesamt etwas gesenkt.
Sollte ein Gitarrist aus „klangästhetischen Gründen“ dennoch auf die englische Einstellung (Volume und Gain auf 10) bestehen, so gibt es noch eine etwas drastische, aber stets sehr wirkungsvolle Massnahme: Der Gitarrenverstärker bleibt im Backstage oder auf der Seitenbühne und der Gitarrist hört sich nur über seinen Monitor. Meistens führt das blosse In-Erwägung-Ziehen dieser Massnahme dazu, dass der Amp plötzlich doch leiser sein darf.

Monitoring
Position: Die richtige Platzierung und Ausrichtung der Monitore wird in der Praxis oft unterschätzt. Jeder Monitor soll so nahe wie möglich beim jeweiligen Musiker platziert sein. Zudem muss auf den Abstrahlwinkel des Monitors geachtet werden: Wenn die Hauptabstrahlungsachse auf den Bauch des Musikers zielt, so kann der Winkel des Monitors mit wenig Aufwand durch unterlegen eines Gegenstands korrigiert werden (beliebt: Gaffertape-Rolle, DI-Box). Zusätzlich soll der Monitorschall nicht auf eine akustisch harte Wand oder Decke treffen, eine starke Reflexion wird so vermieden. Hier nehmen Vorhänge und Akustikplatten einen Grossteil dieser Schallenergie auf und verhindern lästige Reflexions-Effekte.

Double-Wedges: Vor allem bei Leadsängern sehr beliebt sind zwei nebeneinander platzierte Monitor-Wedges. Wie immer kommt es bei zwei Schallquellen mit gleichem Signal am selben Ort durch Anhebung und Absenkung bestimmter Frequenzen zu einer Verzerrung des Klangbildes (Kammfiltereffekt). Dies führt wiederum dazu, dass der Monitorsound verfälscht wird und der Sänger sich trotz zweier laut dröhnender Monitoren nicht richtig hört. Die Reaktion darauf ist meist ein nach oben zeigender Daumen, was dem Techniker signalisieren soll, dass der Musiker mehr Pegel braucht. Also: bei Double-Wedging stets den Abstrahlwinkel der Lautsprecher beachten und diese dementsprechend ausrichten, vor dem Soundcheck testen und allenfalls Korrekturen am EQ vornehmen.

Side-Fills: Generell sind Side-Fills nur auf grösseren Bühnen empfehlenswert, sie sollen daher mit Vorsicht eingesetzt werden. In den letzten Jahren werden zunehmend ganze Line-Arrays auf den Seitenbühnen montiert. Da viele Line-Arrays jedoch breite horizontale Abstrahlwinkel von 90° und mehr aufweisen, können solche Systeme schnell negative Auswirkungen auf den Sound vor der Bühne haben, respektive der Pegel des Bühnensounds wird unnötig erheblich erhöht.

In-Ear: In-Ear Monitoring ist eine effektive Variante zur Reduktion der Lautstärke auf der Bühne. Ob In-Ear verwendet werden kann, hängt aber immer von den Künstlern ab. Zudem muss sich der Tontechniker stets bewusst sein, dass er trotz Limiter-Funktion am Kopfhörerausgang mit grosser Vorsicht mischen muss, weil das Gehör des Musikers durch Feedbacks oder laute Geräusche leicht geschädigt werden kann.

Silent Stage: Silent-Stage treibt die Reduktion des Geräuschpegels auf der Bühne auf die Spitze. Bei diesem Ansatz werden durch den Einsatz von Amp-Simulationen, Isolationsboxen, Drum Cages sowie elektronischen Musikinstrumenten der auf der Bühne anfallende Geräuschpegel weitgehend minimiert. Ebenso wird auf die Verwendung von Monitoring-Lautsprechern auf der Bühne verzichtet. Die Musiker hören sich sowie die übrigen Bandmitglieder über einen individuell angepassten Kopfhörermix.

Weitere Möglichkeiten zur Reduktion des Bühnensounds können durch entsprechende Massnahmen an den Instrumenten (Beispielsweise durch Cympads für das Schlagzeug) und durch Optimierung des Gehörschutzes erreicht werden.

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Gilt die V-NISSG auch auf der Bühne?

Die V-NISSG schützt grundsätzlich das Publikum. Da dem Publikum der Zutritt zur Bühne normalerweise verwehrt bleibt, hat der Künstler auf der Bühne auch nach zweistündiger Beschallung mit 108dB(A) mit keinen gesetzlichen Sanktionen zu rechnen. Zu hohe Schallpegel sind für die Intaktheit des Gehörs des Künstlers nicht empfehlenswert (Vergleich Raucherschutz: Ob der Künstler in seiner persönlichen Garderobe raucht oder nicht, ist dem Gesetzgeber egal, solange der öffentlich zugängliche Bereich und die Arbeitsplätze des Lokals rauchfrei sind).

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Publikumsschutz ist nicht verhandelbar

Wenn beim Soundcheck mit Gasttechniker Bühnen- und/oder PA-Sound zu laut sind, so ist meistens geschickte Kommunikation mit Künstlern und Bandtechnikern gefragt. Vor allem bei ausländischen Acts, denen die hierzulande gültigen Vorschriften nicht geläufig sind, muss der Tontechniker zunächst oft etwas Aufklärungsarbeit leisten und den Musikern darlegen, dass die Show mit der angedachten Lautstärke nicht stattfinden kann. Vor allem nach Einführung der Schall- und Laserverordnung (ersetzt durch die V-NISSG) führte dieser Punkt zu teilweise heftigen Diskussionen. Unterdessen verfügen aber auch viele andere Länder über ähnliche Vorschriften und Verständnis und Akzeptanz sind weitgehend vorhanden. Sind Künstler, Bandtechniker und Management bei dieser Diskussion jedoch uneinsichtig, so ist unbedingt der Veranstalter hinzuzuziehen, da dieser gemäss V-NISSG in jedem Fall die Hauptverantwortung trägt. Im äussersten Fall muss der Veranstalter mit „kaufmännischen Druckmitteln“ aufwarten.
Noise and Laser Ordinance (SLV Englisch)

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Tipps für deinen Mix

Hörkurve beachten und Frequenzgang anpassen
Die grösste Auswirkung auf eine A-bewertete Messung haben die Frequenzen zwischen 1kHz und 6kHz (siehe A-bewertete Messung). Eine gezielte Absenkung dieses Frequenzbereichs per Equalizer hat somit schnell einen grossen Einfluss auf den gemessenen Gesamtschalldruck. Die für das "Body-Feeling" wichtigen Bässe fallen bei der A-bewerteten Messung des Schallpegels hingegen nicht gross ins Gewicht. Probiere das doch aus, wenn du das nächste Mal den Front-EQ für einen Party-DJ einstellst.

Hinweis: Dies ist keineswegs eine Methode zur Manipulation der Messung, denn schliesslich beruht die A-Kurve auf der Annahme, dass das Gehör im oben genannten Bereich am empfindlichsten ist. Somit wird die Belastung des Gehörs tatsächlich kleiner. Den Einfluss einzelner Frequenzbänder auf den Gesamtpegel in dB(A) und dB(C) veranschaulicht das Tool "Spektrale Energieverteilung und Frequenzbewertungsfilter".

Mehr „horizontal“ statt „vertikal“ mischen
Was im Studio Gang und Gäbe ist, bleibt in Live-Situationen und von weniger erfahrenen Tontechnikern zu oft unbeachtet: Auf einen lauten Teppich aus Sound wird ein noch lauteres Instrument darübergelegt und dann mit noch mehr Pegel die Stimme hinzugefügt. Schliesslich stellt man fest, dass sich beispielsweise das Gitarrensolo ja auch noch durchsetzen soll, was mit zusätzlichen 4dB und einem 3kHz-Boost auch funktioniert, und schon ist die 100dB-Marke deutlich überschritten. In einer solchen Situation gehen Transparenz und Druck völlig verloren, es liegt ein typischer Fall eines „vertikalen“ Mix vor: Ein "Turm aus Pegeln“ wird gebaut, der immer höher wird. Horizontal mischen heisst, jedem Instrument seinen Platz im Song und über das menschliche Hörspektrum zu geben. Dies geschieht, indem man gezielt EQs einsetzt, wo es auch Sinn macht. Dabei sei die wichtigste Regel im Umgang mit EQs erwähnt: Absenken ist meist besser als Anheben. Wenn entfernt wird, was stört, bleibt das übrig, was klingt!

Eine interessante Übung dazu: Versuche in einer Live-Situation - sobald du einen zufriedenstellenden Grund-Mix hast - über mehrere Songs statt mit den Fadern nur mit den EQs zu mischen. Das Ergebnis hat schon so Manchen erstaunt: Anstatt den Pegel des Solo-Instruments anzuheben, wirst du anfangen um das Instrument herum Platz zu machen, was viel effektiver sein kann, als einfach nur besagte Pegeltürme zu bauen!

Zu guter Letzt sei noch das Panning erwähnt, das aber leider in Live-Situationen nur sehr beschränkt eingesetzt werden, da sich meist nur etwa 10% der Besucher auf einer Position befinden, wo sie in den Genuss einer richtigen Stereofonie kommen.

Kreiere Räume für den Klang
Grundsätzlich ist bei Hall-, Reverb- und Room-Effekten Vorsicht geboten: Zuviel des Guten macht einen Mix schnell zum Brei. Wer diese Effekte aber richtig einzusetzen weiss, kann beim Zuhörer eine regelrechte gefühlte Umhüllung mit Sound erreichen. Ein Instrument oder eine Stimme klingt dadurch breiter und mächtiger und sticht aus dem Mix hervor, ohne den Pegel betreffend lauter zu sein. Dieser Effekt stellt sich in akustisch „guten“ Räumen mit qualitativ hochwertiger PA-Anlage umso besser ein.

Was oft vergessen wird: Auch der Effekt-Return verfügt über einen Equalizer. Benutze diesen, um störende Frequenzen abzusenken (Klassiker: Plate auf einer Gesangsstimme „mumpft“ oft um die 160Hz herum, also weg damit!).

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Verzerrt klingt lauter

Von zwei grundsätzlich gleichen Signalen klingt dasjenige mit dem höheren Klirrfaktor lauter. Das heisst: Bei Musikrichtungen, bei denen Lautstärkeneindruck vor Klangqualität geht, kann man gezielt für leichte Verzerrungen sorgen. So wird eine hohe subjektive Lautstärke bei Schallpegeln unterhalb des Grenzwertes erreicht. Dafür eignen sich insbesondere Instrumente, bei denen Verzerrungen besonders auffallen, wie z.B Gesangsstimmen.

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Die Dynamik macht die Musik

Kompressoren dienen der Bearbeitung der Dynamik und können einen sehr starken Einfluss auf den Klangcharakter eines Signals haben. Vor allem im Live-Betrieb sollte der Tontechniker die Pegelspitzen nicht völlig wegkomprimieren, da diese den Lautstärkeeindruck und den Live-Charakter der Musik sehr stark prägen. Durch Parallel-Kompression erreicht man dabei einen satten komprimierten Sound, ohne ihn dabei komplett tot zu komprimieren. Im Gegensatz dazu sollen Limiter die Lautsprecher vor Überbelastung schützen. In der Stereosumme oder auf der Schlagzeuggruppe sollten Limiter nicht, oder nur sehr moderat, verwendet werden.

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Publikumslärm

Wenn die Geräuschkulisse des Publikums zehn oder mehr Dezibel unterhalb des Musikschallpegels liegt, hat das Publikum keinen nennenswerten Einfluss auf den Gesamtschallpegel (siehe dazu auch Pegeladdition).

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Nachbarschaftslärm

Problem
Für Musik und Kundenlärm gibt es keine verbindlichen, gesetzlich geregelten Grenzwerte. Die Grenzwerte der SLV stellen keine Massnahmen für den Nachbarschaftsschutz dar.

Informationsbeschaffung
Der Tontechniker muss sich beim Veranstalter über allfällige Auflagen der Gemeinde bezüglich Lärmemissionen erkunden.

Berechnungswerkzeug (Differenzen A- und C-Filter)
Tool "Spektrale Energieverteilung und Frequenzbewertungsfilter"

Die weittragenden und den Schlaf störenden tiefen Frequenzen vermindern sich, wenn die Differenz zwischen A-bewertetem und C-bewertetem Pegel deutlich verkleinert wird. Im Beispiel in Abbildung 3 und 4 mittels Hochpassfilter und genereller Reduktion im Bassbereich um einige Dezibel.

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Abbildung 1: Die richtige Mischung ermöglicht ein tolles Musikerlebnis, ohne die Grenzwerte der V-NISSG zu überschreiten. Monitorlautsprecher Abbildung 2: Gleichmässige Beschallung Monitorlautsprecher Abbildung 3: Auf das Gehör ausgerichtete Verstärkerboxen können den Schallpegel auf den Monitoren reduzieren. Abbildung 4: Werte mit und ohne Equalizing